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Ricin
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Ricin

Toxin: 1 g reicht theoretisch zur Tötung von 1.000 Menschen. Weltweit werden pro Jahr mehr als eine Million Rizinussamen verarbeitet. Das Rizinusöl ist ungiftig. Aus den Pressrückständen kann das Ricin mit 5 % gefunden werden.

CAS-Nr.: 9009-86-3

LD50: Bei einer oralen Aufnahme sind 3 µg/kg tödlich. Die letale Menge kann durchaus durch den Verzehr eines Samens erreicht werden.

Vorkommen: Ricin stammt aus Ricinus communis, dem Wunderbaum, und ist dort in den Samen enthalten.

Aufnahme: Das Toxin kann oral und inhalativ aufgenommen werden. Es kann auch injiziert werden.

Wirkung: Die Wirkung des Ricins hängt vom Zerkauungsgrad der wohlschmeckenden Samen ab. Vergiftungen werden nur bei intakter Samenschale überlebt. Die Samenschalen sind praktisch ungiftig und wirken nur leicht abführend. Das Bild einer Vergiftung zeigt sich nach einer symptomfreien Latenzzeit von einigen Stunden bis zu zwei Tagen. Erst dann kommt es zu schweren gastroenterologischen Störungen mit blutigem Erbrechen, blutigen Durchfällen, Koliken, Exsikkose, Krämpfen, reiswasserähnlicher Stuhl, Anurie, Tachykardie und eine Mydriasis. Im finalen Stadium diagnostiziert man Tremor und tonisch-klonische Krämpfe. Der Tod tritt durch Atemlähmung und Herzversagen ein. Die tödliche Dosis wird bei Kindern mit 1-6 Samen und bei Erwachsenen mit 20 Samen angegeben. In der Literatur sind aber auch ein tödlicher Fall bei einem Samen bei einem Kind und einem Samen auch bei einem Erwachsenen bekannt. Für den klinischen Bereich ist die nekrosierende Wirkung von Ricin auf Magen- und Darmschleimhaut, Leber, Nieren, Milz und das lymphatische System relevant. Das ausgepresste Rizinusöl ist praktisch ungiftig. Das Ricin verbleibt in den eiweißreichen Pressrückständen und wird nach einer Erhitzung (= Entgiftung !) oft als Düngemittel oder Viehfutter benutzt. Intoxikationen entstehen oft bei Arbeitern, die nach der Arbeit mit Pressrückständen ungesäubert essen oder rauchen. Auch Kinder sind durch die Schmuckketten stark gefährdet. Der Wunderbaum kann schwere allergische Reaktionen mit Quaddeln und Schwellungen verursachen. Gelangt der Sameninhalt in das Auge kommt es zu einer nekrotisierenden Konjunktivitis. Die toxische Wirkung des Ricin hat auch schon das Interesse der britischen Armee geweckt, so dass es als Kampfgift in Erwägung gezogen wurde. Die ganzen Vorräte wurden aber wieder vernichtet.

Maßnahmen: Schon bei dem Verdacht einer Vergiftung mit dem Wunderbaum darf man nicht erst die Symptome abwarten, sondern sofortiges Erbrechen auslösen. Das Erbrochene ist auf eventuell vorhandene Samenschalen zu untersuchen. Es erfolgt die Gabe von medizinische Kohle. Die Kreislaufstabilisierung und die Gabe von Diazepam bei Krämpfen erfolgt symptomatisch. Eine stationäre Beobachtung von 2 Tagen ist erforderlich.

Fallbeschreibungen: Ein 22jähriges Dienstmädchen wurde bewusstlos in eine Klinik gebracht. Die ersten Symptome wiesen auf eine Morphinintoxikation hin. Bei der Magenspülung wurde blutiger Mageninhalt herausgespült. In der Anamnese wurde der Verzehr von 2½ Rizinussamen festgestellt. Die Patientin verstarb innerhalb eines Tages.

Am 7. September 1978 wurde Ricin für ein tödliches Attentat auf einen Exil-Bulgaren, Georgi Markov, in London verwendet. Er wartete an der Waterloo Bridge auf einen Bus und wurde dort von hinten in die Wade gestochen. Der Gegenstand war ein Regenschirm. Am gleichen Abend bekam er Fieber und der Blutdruck sank. Vier Tage später war er verstorben an einem Herzstillstand. Bei der Autopsie wurden wurde eine 1,52 mm im Durchmesser große Kugel aus Platin und Iridium mit zwei Löchern gefunden.

Diese Technik wurde in mindestens sechs weiteren Fällen Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre verwendet.

Ein anderer Exil-Bulgare, Vladimir Kostov, las in der Zeitung von dem Tod Markovs. Er erinnerte sich an eine punktförmige Wunde, die er sich an der Arc de Triomphe Metro-Station in Paris zugezogen hatte. Er hatte auch Fieber, erholte sich aber nach vier Tagen. Kostov nahm mit den britischen Behörden Kontakt auf. Bei einer Röntgenuntersuchung wurde bei ihm eine gleiche Kugel wie bei Markov gefunden. Die Kugel enthielt auch Ricin. Sie war aber im Fettgewebe gelandet und so wurden die Löcher verschlossen und das Toxin konnte sich nicht im Körper ausbreiten.

1980 fühlte Boris Korczak, ein Doppelagent der CIA, beim Einkauf in Tyson's Corner (VA) einen Stich, der an einen Mückenstich erinnerte. Nach einigen Stunden hatte er starkes Fieber und Rhythmusstörungen. Nach einigen Tagen entfernte er aus dem Mückenstich eine kleine Metallkugel.

1995 wurde in Kansas City die Onkologin Deborah Green überführt, die versucht hat ihren Ehemann durch mit Ricin kontaminierte Nahrungsmittel zu ermorden.

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Copyright © 2007 Ralf Rebmann
Stand: 21. Oktober 2007