Gefahrgut

Gefahrenklassen
Kennzeichnung01
Kennzeichnung02
Kennzeichnung03
Kennzeichnung04
Kennzeichnung05
Kennzeichnung06
Kennzeichnung07
Liste UN-Nummern
Gefahrendiamant

Gefaehrliche Stoffe und Gueter, Gefahrgutunfall

Was sind gefährliche Stoffe ?

Gefährliche Stoffe und Güter sind Gegenstände, die aufgrund ihrer Eigenschaften Gefahren für Leben, Gesundheit und Umwelt darstellen.

Welche Gefahren sind das ?

 Diese Gefahren bestehen in Explosionsgefahr, Brandgefahr, Vergiftungsgefahr, Verätzungsgefahr und Strahlengefahr. Diese Gefahren bedrohen den Menschen durch eine Inkorporation von Schadstoffen (über Atemwege, Magen-Darm-Trakt, Haut, Wunden), durch Kontamination (radioaktive und chemische Stoffe), äußere Bestrahlung (elektromagnetische Strahlung) oder mechanische und thermische Einflüsse (Flammen, Druck, Splitter, Einsturz).

Häufigkeit von Gefahrgutunfällen

Straßengüternahverkehr 53 %, Binnenschifffahrt 13,6 %, Seeschifffahrt 12,4 %, Bahn 10,7 %, Fernverkehrsstraße 10,3 %

 

Art und Häufigkeit der Gefahrgüter im Straßenverkehr

Heizöl / Diesel ca. 54 %, Benzin ca. 27 %, schweres Heizöl ca. 2 %, Säuren ca. 4 %, giftige Flüssigkeiten ca. 3 %, Gase ca. 2 %, sonstige Gefahrgüter ca. 8 %.

Allgemeine einsatztechnische Maßnahmen

Das gefährdete Gebiet darf vom Personal des Rettungsdienst nur dann betreten werden, wenn die Art der Gefahren bekannt ist und das Risiko kalkulierbar ist ! Diese notwendigen Informationen sind über die Rettungsleitstelle anzufordern. Prinzipiell ist bei jedem Unfall mit Gefahrgut immer die Polizei und die Feuerwehr zu alarmieren.

Selbstschutz

  • Körperkontakt mit chemischen Stoffen und deren Einatmen muss vermieden werden

  • Bei erlaubnispflichtigen Beförderungen (sogenannte Listengüter, das sind extrem gefährliche Güter) muss der Fahrzeugführer eine geeignete Schutzausrüstung mitführen

  • Das Feststellen von Giftkonzentrationen, Explosionsgefahren und weiteren Gefahren obliegt der Feuerwehr

  • Behelfsschutz (z.B. vor Mund und Nase gehaltenes Taschentuch) nützt in den meisten Fällen nichts, im Zweifelsfall muss schwerer Atemschutz angelegt werden

  • Einsatzkräfte mit offenen Wunden dürfen nicht eingesetzt werden

  • Bei der Anfahrt muss die Ausbreitung der gefährlichen Stoffe beachtet werden. Das Einsatzfahrzeug ist in genügendem Abstand von der Gefahrenzone auf der windzugewandten Seite abzustellen

  • Alle Zündquellen, offenes Feuer, Heizung, elektrischen Geräte sind abzustellen, bzw. fernzuhalten

  • Rauchen ist in jedem Fall zu unterlassen

Schutz der Umgebung

  • Anwohner und Passanten müssen gewarnt werden
  • Absperrung oder Evakuierung eines Gebietes ist Aufgabe der Polizei
  • Die Feuerwehren sind für die Rettung, Bergung und Beseitigung der gefährlichen Stoffe zuständig

Rettung aus dem Gefahrenbereich

  • Die Aufenthaltszeit in gefährdeten Gebieten muss möglichst klein gehalten werden

  • Verletzte müssen in jedem Falle sofort aus dem Gefahrenbereich gerettet und im Sicherheitsbereich versorgt und gelagert werden

Auswertung von Kennzeichnung, Begleitpapieren und Nachschlagewerken (Informationsbeschaffung)

Für die Durchführung des Selbstschutzes und der Rettungsmaßnahmen sind genaue Kenntnisse über die Art des Gefahrgutes und die Gefährdungsmöglichkeiten notwendig. Das betroffene Gebiet darf erst nach den erhaltenen Informationen betreten werden. Informationen sind zu erhalten über die Gefahrenzettel, Warntafeln, Unfallmerkblätter, Gefahrgutschlüssel und über die Rettungsleitstelle (Nachschlagwerke, Giftinformationszentren). Rettungsdienstpersonal, dass sich ohne diese Informationen in den Einsatz wagt, begibt sich in Lebensgefahr.

Gefahrenzettel

Diese Zettel haben die Form eines auf der Spitze stehenden Quadrats. Sie müssen auf Versandstücken und einzelnen Tanks (rechts, links und hinten) befestigt sein und weisen auf die Hauptgefahr und die Nebengefahren der transportierten Stoffe hin.

Warntafeln

An Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und Lastzügen befindet sich vorn und hinten am Fahrzeug senkrecht zur Fahrzeugachse je eine rechteckige (40 x 30 cm) rückstrahlende orangefarbene Tafel mit schwarzem Rand. In bestimmten Fällen kann die Warntafel auch eine Fläche von 30 x 15 cm haben.

Allgemeiner Hinweis auf gefährliche Güter

Warntafeln müssen nur angebracht werden, wenn die Menge des transportierten Gefahrgutes je nach seiner Art einen bestimmten Punktwert überschreitet. Ist dies nicht der Fall, so kann das Vorhandensein gefährlicher Stoffe u.U. nur an der Kennzeichnung einzelner Versandstücke mit Gefahrenzetteln erkannt werden. Prinzipiell kann eine Warntafel aber immer angebracht werden. Wird ein Transport unter Nutzung von zusammengesetzten Verpackungen durchgeführt, gilt er als total befreit. Versandstücke müssen nun nur noch mit einem auf der Spitze  stehenden Quadrat 10 x 10 cm gekennzeichnet werden. In diesen Quadrat muss die Stoffnummer des Stoffes, bei mehreren Stoffen deren Stoffnummern oder die Kennzeichnung "LQ" (limited quantities) angebracht werden. So ist ein Transport von 30 t Brennspiritus in 1-Liter-Flaschen ohne Kennzeichnung möglich.

Nummern zur Kennzeichnung der Gefahr

Auf Tankfahrzeugen mit gefüllten oder ungereinigt leeren Tanks müssen zusätzlich auf den Warntafeln Kennzeichnungsnummern angegeben sein. Diese sind so eingestanzt, dass sie auch nach einem Brand von 15 Minuten Dauer noch lesbar sind. Die obere Zahl (Gefahrennummer, bestehend aus zwei oder drei Ziffern) bezeichnet die Hauptgefahr (1. Ziffer) sowie zusätzliche Gefahren (2. und 3. Ziffer). Die untere Nummer (Stoffnummer) gibt an, um welchen Stoff es sich handelt. Die Gefahrenzahl muss aus mindestens zwei, maximal aber drei Zahlen, bestehen. Der Zahl kann der Buchstabe X vorangestellt werden. Eine Verdoppelung der einzelnen Zahl zeigt auch eine Verdoppelung der Gefahr. Die beschriebene Kennzeichnung ist nach der Gefahrgut-Verordnung-Straße (GGVS) für den Transport gefährlicher Güter auf der Straße verbindlich. Für gefährliche Arbeitsstoffe, sowie für den Transport gefährlicher Güter in der Binnen- und Seeschifffahrt, im Luftverkehr und auf der Eisenbahn werden die gleichen, bzw. sehr ähnliche Kennzeichnungen verwendet. Dabei sind im Eisenbahnverkehr folgende Besonderheiten zu beachten:

  • Explosionsfähige Stoffe können zusätzlich mit einem weißen Zettel mit rotem Ring oder einem gleichseitigen gelben Dreieck mit Tagesleuchtfarbe gekennzeichnet werden. Dieses Dreieck wird bei Wagenladungen verwendet.

  • Kesselwagen, die verflüssigte Gase enthalten, werden mit einem gelben Farbstreifen, der allseitig um den Behälter herumgeführt, versehen. Zur Auswertung der Gefahrenzeichen kann im Zweifelsfall der Gefahrgutschlüssel herangezogen werden.

Seitlich angebrachte Warntafeln mit Kennzeichnungsnummern

Hinten angebrachte Warntafeln

1. Ziffer (Hauptgefahr)

2 Entweichen von Gas durch Druck oder durch chemische Reaktion
3 Entzündbarkeit von Flüssigkeiten (Dämpfen) und Gasen
4 Entzündbarkeit fester Stoffe
5 Oxidierende (brandfördernde) Wirkung
6 Giftigkeit
7 Radioaktivität
8 Ätzwirkung
9 Gefahr einer spontanen heftigen Reaktion

2. und 3. Ziffer (Zusatzgefahren)

0 ohne Bedeutung
1 Explosionsgefahr
2 Entweichung von Gas
3 Entzündbarkeit
5 Entzündende (brandfördernde) Wirkung
6 Giftigkeit
7 Radioaktivität
8 Ätzwirkung
9 Gefahr einer spontanen heftigen Reaktion

Steht ein X vor der Gefahrennummer, darf der Stoff nicht mit Wasser (auch Nebel, Schnee, Regen) in Berührung kommen, da eine gefährliche Reaktion entsteht.

Sind zwei Ziffern gleich, bedeutet dies eine Zunahme (Verdopplung) der Gefahr (z.B. 30 = entzündlich, 33 = leicht entzündbar)

Beispiel einer Kennzeichnungsnummer

Hauptgefahr: Entzündbarer flüssiger Stoff

Zunahme der Hauptgefahr: leicht entzündbar

Stoff: hier 1203 = Kohlenwasserstoffe mit Flammpunkt unter 21°C (z.B. Benzin)

Hauptgefahr: Entzündbarer flüssiger Stoff

Zunahme der Hauptgefahr: FALSCH: keine weitere Gefahr, RICHTIG: 9 = Gefahr einer spontanen heftige Reaktion

Die Angaben über die falsche Gefahrenzahlen beziehen sich auf die Stoffnummer. Beide passen auf keinen Fall zusammen.

Stoff: hier 2055 = Styrol, monomer, stabilisiert, Phenylethylen, Vinylbenzol, Styren

Kennzeichnung eines LKW an der Seite

   

Gefahrguttransporter Klasse 7 auf der Autobahn

Beispiele von Zahlenkombinationen:

22 tiefgekühltes Gas
X 323 entzündbare Flüssigkeit, die mit Wasser gefährlich reagiert, wobei entzündliches Gas entweicht
X 333 selbstentzündbarer flüssiger Stoff, der mit Wasser gefährlich reagiert
X 423 entzündbarer fester Stoff, der mit Wasser gefährlich reagiert, wobei entzündbare Gase entweichen
44 entzündbarer fester Stoff, der sich bei erhöhten Temperaturen im geschmolzenen Zustand befindet
538 entzündbares organisches Peroxid
90 verschiedene gefährliche Stoffe

Unfallmerkblätter

Unfallmerkblätter befinden sich prinzipiell im Führerhaus. Sie sollten, falls möglich, geborgen werden, um weitere Maßnahmen vor Ort ergreifen zu können. Die Merkblätter enthalten die seit 1997 nur noch Informationen für den Fahrzeugführer. Die Anweisungen für die Rettungskräfte und die Feuerwehr dürfen (leider) nicht mehr aufgeführt werden. Bei dem Transport von mehreren verschiedenen Gefahrstoffen müssen für jedes einzelne Gut Unfallmerkblätter mitgeführt werden. Es besteht auch die Möglichkeit Sammelunfallmerkblätter, Gruppenunfallmerkblätter oder Klassenunfallblätter zu verwenden. Zusätzlich muss die Lage des Stoffes im Fahrzeug erkennbar sein.

Nachschlagewerke

Gefahrgutschlüssel

Der Gefahrgutschlüssel ist auf jedem Rettungsmittel mitzuführen. Er enthält neben kurzen Informationen zu den Gefahrgutklassen und einer Erklärung der Kennzeichnung eine Maßnahmentabelle zu den Labels, eine nach der Stoffnummer und eine alphabetisch geordnete Stoffliste. Alle weiteren Informationen (insbesondere Details zur Ersten Hilfe) sind dann von der Rettungsleitstelle unter Angabe der Stoffnummer zu erfragen.

Weitere Nachschlagewerke sind meist auf der Leitstelle vorhanden, z.B. Hommel: Handbuch der gefährlichen Gütern; Kühn, Birett: Merkblätter gefährlicher Arbeitsstoffe.

Alle genannten Werke enthalten außerdem Listen der Krankenhäuser mit Abteilungen für schwere Verbrennungen und der Giftinformations- und Entgiftungszentren, von denen die Rettungsleitstelle, falls erforderlich, spezielle Maßnahmen gegen Vergiftungen und Kontaminationen erfragen kann. Außerdem kann die Rettungsleitstelle Kontakt zu Strahlenschutzzentren und den Landesämtern für Umweltschutz (Gefahrgutdateien) aufnehmen.

Es besteht auch die Möglichkeit Informationen über das TUIS (Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der chemischen Industrie) zu erhalten.

Informationen zu Gefahrguttransporten, Gefahren, Unfällen und Maßnahmen können Sie auch unter der Adresse des Gefahrgutberaters erhalten.

Erste-Hilfe und rettungsdienstliche Maßnahmen

Bei Unfällen mit gefährlichen Gütern ist vor allem mit den folgenden Verletzungsmustern zu rechnen:

  • tiefgehende Wunden (Explosionen)

  • Augenverletzungen (Explosionen)

  • Verätzungen jeglicher Art

  • thermische Verletzungen (Verbrennungen, Verbrühungen, Erfrierungen)

  • toxikologische Einwirkungen (Verschlucken Einatmen, Aufnahme über die Haut)

Nach der Rettung des Verletzten ist das Verbandmaterial nach Möglichkeit auszuwechseln, da es mit Giftstoffen behaftet sein kann. Es muss davon ausgegangen werden, dass auch beim Verletzten Kontamination vorliegt. Um eine Gefährdung der Helfer zu vermeiden sollte bei Beatmung ein Hilfsmittel mit Filter (Beatmungsbeutel) verwendet werden. Erst nach den lebensrettenden Sofortmaßnahmen erfolgt eine gründliche Reinigung der kontaminierten Personen. Da die Verwendung von falschen Reinigungsmitteln oft mehr schadet als nützt, dürfen spezielle Mittel nur auf Anweisung eines Arztes oder eines Giftinformationszentrums verwendet werden. Ist bei der Dekontamination nach kurzer Zeit kein Erfolg erkennbar, so muss sofort der Abtransport in ein entsprechend ausgerüstetes Krankenhaus erfolgen. Bei Vorliegen von Kontamination muss unbedingt versucht werden, eine Aufnahme von Giftstoffen in den Körper (Inkorporation) zu vermeiden. Auch kleinste verunreinigte Wunden müssen mit viel Wasser ausgespült und keimfrei verschlossen, Körperöffnungen und die unmittelbar daneben liegenden Hautpartien mit besonderer Vorsicht gereinigt werden.

Maßnahmen nach dem Unfall

Der Name des betreffenden gefährlichen Stoffes ist unbedingt festzuhalten und unverzüglich dem behandelnden Arzt mitzuteilen. Ebenso muss der Arzt die Hinweise aus den Merkblättern erfahren. Kontaminierte Kleidung und alle benutzten Gegenstände müssen in einem Plastikbeutel gesammelt, dieser gekennzeichnet und getrennt abtransportiert werden. Das Transportziel bestimmt die Rettungsleitstelle, da nicht jedes Krankenhaus für derartige Fälle ausgerüstet ist und eventuell die Überweisung in ein regionales Entgiftungszentrum nötig ist. Die Anmeldung erfolgt von der Leitstelle, so dass der Aufnahmearzt bereits entsprechende Maßnahmen einleiten kann. Kontaminierte Gegenstände dürfen nicht ohne Sicherheitsmaßnahmen weggeworfen werden. Der Rettungswagen und das benutzte Material müssen gekennzeichnet und gegen Wiederverwendung gesichert werden, bis sie nach vorheriger Dekontamination durch fachkundige Personen wieder zur Benutzung freigegeben werden. Das Personal muss sich einer fachärztlichen Untersuchung unterziehen.

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an:  
Copyright © 2007 Ralf Rebmann
Stand: 30. Oktober 2007