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Lewisit
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Lewisit

Weitere Namen: 2-Chlorvinylarsindichlorid, 2-Chlorethylendichlorarsin, L, Tau des Todes.

Molekulargewicht: 207,35 g/mol

Physikalische Eigenschaften: Die farblose bis bräunliche Flüssigkeit riecht nach Geranien. Im flüssigen und dampfförmigen Zustand findet die Hydrolyse schnell statt. Dabei entsteht Salzsäure und Chlorethylenarsinoxid. In organischen Lösungsmitteln kann der Stoff gut gelöst werden.

Schmelzpunkt: -18°C
Siedepunkt: 190°C
Wasserlöslichkeit: 0,5 g/l

Allgemeines: Das Kampfmittel wurde zum Ende des ersten Weltkrieges  von Captain W. Lee Lewis hergestellt. Es kam im ersten Weltkrieg nicht zum Einsatz.

Aufnahme: Eine Aufnahme des Kampfmittels ist über die Haut, oral oder inhalativ möglich.

Anwendungen: Der Stoff wird nicht alleine als Kampfmittel eingesetzt. Er wird mit anderen Kampfstoffen gemischt (ähnlich Lewisit-Lost-Gemisch). Lewisit ist das wirksamste der arsenhaltigen Hautkampfstoffe (Dichlorarsine). In diesem Kampfmittel ist die blasenbildende und hautschädigende Wirkungen der Loste mit den sofort eintretenden Reizwirkungen an Schleimhäuten und der Haut kombiniert.

Diagnostik: Es existieren Prüfröhrchen für dieses Kampfmittel.

Pathophysiologie: Das Kampfmittel bindet im Körper Enzyme, die für den Energiehaushalt der Zelle elementar sind. Das dreiwertige Eisen ist das giftigste aller Arsenverbindungen.

Toxizität:

LCT50 inhalatorisch: 1200 - 1500 mg x min/m³
LCT50 perkutan: 100.000 mg x min/m³
ICT50 perkutan: 1.500 mg x min/m³
ICT50 per os: 300 mg x min/m³
LD50 perkutan: 35 mg/kg
LD50 peroral: 10 mg/kg

Blasenbildende Konzentration in Luft: 3440 mg/m³

Symptome: Die Symptomatik gleicht denen der Loste. Es fehlt aber die Latenzzeit. Als allgemeine Symptome ist ein starker Kopfschmerz, Unruhe, Koordinationsstörungen, Amnesie, Kälte- und Angstgefühle, sowie Bewusstseinsstörungen zu erkennen. Danach werden die Patienten apathisch und zeigen keinen Appetit. Nach längerer Zeit fällt der Patient ins Koma. Auf der Haut beginnt die Reizwirkung sofort und zeigt sich mit Rötung und Schmerzen. Die Rötung verbreitet sich (im Gegensatz zu Lost) diffus auch im gesunden Gewebe aus. Schon in den ersten Tagen kann die Hyperämie zurückgehen. Es tauchen keine Pigmentierungen auf. Wenn der Patient mit flüssigen Lewisit in Kontakt gekommen ist eine starke Blasenbildung erkennbar, die stärker ausgeprägt ist als bei Losten. Die oberflächliche bulböse Form ist an den Blasen zu erkennen, die sich nach zwölf Stunden bilden. Die Blasen fließen zusammen und zerfallen am dritten bis vierten Tag. Innerhalb von ein bis zwei Wochen hat sich die Haut ohne Folgeschäden wieder erholt Wenn die Blasen in schmerzhafte Nekrosen übergehen, handelt es sich um die tiefe bulböse Form.  Die Nekrosen heilen ohne weitere Infektionen ab. An den Augen löst ein direkter Kontakt sofort Schmerzen, Tränenfluss und einen Lidkrampf aus. Nur eine direkte Augenspülung kann die Folgen verhindern. Diese Folgen bestehen aus Blutungen in die Bindehaut und eventuell aus Trübungen der Hornhaut und einer Nekrose.. An den Schleimhäuten löst das Kampfmittel ein starkes Niesen, Husten, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und retrosternale Schmerzen aus. Es kann zu einem toxischen Lungenödem kommen. Die Patienten sterben an den Folgen des Ödems und den ausgedehnten Nekrosen oder den Bronchopneumonien. Nach einer oralen Aufnahme kommt es zu einem blutigen Erbrechen und zu blutigen Durchfällen. Klinisch ist eine Gastritis, Colitis und eine nekrotisch-hämorrhagische Ösophagitis. Die durch den Stoffwechsel entstehenden Arsinoxide zerstören direkt die Membranen der Kapillaren. So kommen die Petechien (kleinste, punktförmige Haut- oder Schleimhautblutungen) zustande. Die Kapillarstörungen können bis zu einem toxischen Schock durch ein Versagen von Leber und / oder Niere führen.

Maßnahmen: Schutzanzüge sind nach dem Einsatz zu vernichten, da das Kampfmittel diesen durchdringt. Die Patienten müssen unter Beachtung des Eigenschutzes aus der kontaminierten Umgebung zu retten. Es dürfen nur dekontaminierte Patienten mit einem Rettungsmittel transportiert werden. Eine erste Dekontamination kann mit allen wässrigen Flüssigkeiten (Feuerwehr) vorgenommen werden. Beim Waschen sollen die Augen geschlossen sein und die Augen sollen nicht berührt werden. Die komplette Bekleidung ist zu entfernen. Bei einer oralen Aufnahme bekommt der Patient sofort 1 g medizinische Kohle pro Kilogramm Körpergewicht. Eine Magenspülung erfolgt nur auf direkte Weisung durch ein Giftinformationszentrum. Eine Stunde nach der oralen Aufnahme des Giftes darf wegen einer Perforationsgefahr keine Magenspülung mehr vor genommen werden. Die Augen sind sofort zu anästhesieren und ausgiebig, z.B. mit Isogutt®, zu spülen. Die Patienten erhalten inhalativ und parenteral Kortikoide, um ein toxisches Lungenödem zu verhindern. Der Kreislauf ist durch Infusionen zu stabilisieren. Eine Hautdekontamination kann mit Polyethylenglykol 400 oder Chloramin T® vorgenommen werden. Auftretende Blasen werden keimarm abgedeckt. Die Patienten müssen in ein toxikologisches Zentrum, ein Verbrennungszentrum oder in eine Intensiveinheit transportiert werden. Als spezifisches Antidot kann in der Klinik Dimercaptopropansulfonat verwendet werden.

Prognose: Spätfolgen des Kampfmittels können irreversible Schädigungen der Augen (teilweise mit Verlust der Sehkraft), Lungenschädigungen, Bronchitiden, Haut- und Lungenkrebse, eine KHK und Defekte der Haut auslösen. Das toxische Lungeödem hat eine ungünstige Prognose. Bei einem Kontakt des Kampfstoffes muss sofort eine Augenspülung erfolgen, da sonst ein Erblinden möglich ist.

[Ethylarsindichlorid] [Lewisit] [Lewisit-Lost] [Methylarsindichlorid] [Phenylarsenidchlorid] [Phosgenoxim] [Schwefellost] [Stickstoffloste] [TCDD]

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Copyright © 2007 Ralf Rebmann
Stand: 21. Oktober 2007