Crack
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Matthias Bastigkeit, Fachdozent für Pharmakologie, Redakteur der Zeitschrift Rettungsdienst

   

Crack

Physikalische und chemische Eigenschaften: Farb- und geruchloses, teilweise transparentes kristallines Pulver von bitterem Geschmack oder schmutzig weiße Brocken.

Crackpfeife mit Crack

Anwendung:

  • Rauschmittel (Psychostimulanz)
  • Lokalanästhetikum

Durch die geänderte Situation im EG-Binnenmarkt sind bei der Drogenkriminalität extrem hohe Zuwachsraten zu verzeichnen. Hierzu steht in enger Korrelation die Zahl der Drogentoten. Der "Stoff" wird immer preiswerter und die Beschaffung immer problemloser. Die Dealer arbeiten mit immer raffinierteren Methoden, um sich ihre Klienten zu sichern.

Anwendung als Droge: Die Ausgangssubstanz Kokain wird in der Szene auch als Charly, Coke, falke, Koks, star dust, Schnee, snow oder white stuff bezeichnet.

Die Zeit, in der Kokain nur eine Droge der "Schickeria" war, ist vorbei. Das flockige, weiße Pulver wird mit Hilfe eines Geldscheines oder eines Strohhalms in die Nase aufgesogen und dort über die Nasenschleimhäute resorbiert. Alternativ kann es mit einem kleinen Löffel vor ein Nasenloch gebracht und geschnupft werden. Der euphorisierende Effekt tritt nach wenigen Minuten ein. Es kann ebenfalls in Getränke gemischt, als Zigarette geraucht oder aber auch gespritzt werden.

Die Streckung der Droge erfolgt meist mit unterschiedlichen Zuckerarten, ein Verschnitt findet mit Koffein, Strychnin, Amphetamin, Lidocain oder Heroin statt. Bei einem hohen Anteil dieser zum Teil toxischen Zusätze kommt es zu einer Mischintoxikation.

Zunehmende Verbreitung findet das sog. "Freebasing", das Rauchen der Droge nach Umwandlung in die freie Base oder die Sulfatform. Dazu wird Kokain nach Auflösen in Wasser mit einer Lauge (z.B. Natriumbicarbonat) versetzt. Das Präzipitat wird mit Ether aufgenommen und abkristallisiert. Als Ausbeute erhält man die reine Kokainbase, die einen niedrigeren Schmelzpunkt besitzt, der eine pulmonale Aufnahme durch Inhalation als Zigarette ermöglicht. Dieses Reaktionsprodukt wird als Crack bezeichnet und macht bereits bei einmaliger Anwendung süchtig!

Toxizität: DL50 oral Mensch: 1 - 2 g bei keiner Gewöhnung, s.c. 0,2 - 0,3 g, i.v. 0,002 g

Übliche Dosis: 0,8 - 1,6 g

Ein Nachweis ist mit Urinsticks möglich, Transdermal Test in Erprobung

Giftwirkung: Der Kokastrauch, Erythroxylon coca, wird vor allem in Südamerika, Java angebaut. Die Kokainsucht ist stark im Steigen. Entsprechend hat sich die Produktion von Folia Coca in Bolivien mehr als verdoppelt.

Die schädliche Wirkung von Kokain wurde lange Zeit unterschätzt. Um 1853 schrieb der englische Arzt H. A. Weddel: "Kokablätter besitzen einen gewissen Nährwert, bedingt durch ihren Gehalt an Karbonaten und Nitraten, und dass sie deshalb als Genussmittel durchaus mit Kaffee und Tee vergleichbar seien". Der Vater der Psychoanalyse, Sigmund Freud, sah im Kokain eine Heilmittel bei psychischen Erkrankungen. Zahlreiche Selbstversuche brachten ihm zu dem falschen Schluss, dass Kokain zwar ein Ersatzmittel für Morphin sei, jedoch nicht zur Abhängigkeit führe.

Das veresterte Alkaloid Kokain besitzt als Tropinderivat eine Verwandtschaft zu Atropin.

Die pharmakologische Wirkung ist sehr vielschichtig und noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Das Alkaloid hemmt die Funktionen der erregbaren Strukturen, wie Nervenfasern sowie die Erregungsleitung am Herzen. Kokain blockiert die präsynaptische Rückbildung von Katecholaminen und erhöht dadurch den Sympathikotonus. Es findet eine reversible örtliche Hemmung der Schmerzrezeptoren statt, wodurch das Schmerzempfinden herabgesetzt und das Empfinden für Wärme, Kälte und Druck beeinflusst wird. Die lokalanästhetische Wirkung beruht ebenfalls auf einer Änderung der Membranpermeabilität. Die Rückresorption von Adrenalin in das präsynaptische Neuron wird verhindert und somit eine sympathomimetische Reaktion hervorgerufen. Es wird dabei nicht nur die Wirkung der Katecholamine Noradrenalin, Adrenalin und Dopamin beeinflusst, sondern auch die durch Serotonin und Acetylcholin vermittelte Übertragung von Nervenimpulsen.

Am Auge führt Kokain zu einer Mydriasis und zu einer Verengung der Gefäße der Bindehaut.

Symptomatik: Es treten folgende Erscheinung im Kokain-Rausch auf:

  • anregende Wirkung
  • Hemmungen werden beseitigt, die Kontaktfähigkeit erhöht
  • Bewegungsdrang
  • Leistungsbereitschaft gesteigert
  • Euphorie, sexuelle Übererregbarkeit

Eine Intoxikation kann entweder durch eine zu hohe Dosis im Rahmen eines Suizides oder durch eine Wahre Auftreten, die einen hohen Reinheitsgrad aufweist, an den der Anwender nicht gewöhnt ist. Eine weitere Vergiftungsmöglichkeit ist beim Schmuggeln der Droge gegeben. Hierbei schlucken Drogenkuriere (Body-packer) cocaingefüllte Kondome, die bei längerer Verweildauer oder durch Beschädigung im Magen-Darm-Trakt platzen und innerhalb kurzer Zeit große Mengen der Substanz freigeben.

Man unterscheidet drei Formen der Kokainintoxikation:

  • 1. Kokainschock
  • 2. Akute Kokainvergiftung
  • 3. Chronische Kokainsucht

Kokainschock

Bei überempfindlichen Personen kann dieser bereits bei kleinsten, ansonsten subtoxischen, Mengen ausgelöst werden. Diese Zwischenfälle sind im Bereich der Anästhesie bekannt, weshalb man häufiger Kokainderivate wie Procain einsetzt, bei denen die Möglichkeit einer Schockreaktion seltener gegeben ist. Die Symptomatik ist gekennzeichnet durch einen langsamen Puls und eine extreme Blässe. Wegen der Bradykardie ist die Bezeichnung "Schock" eigentlich unzutreffend.

Akute Vergiftung

Das klinische Bild hierbei ist sehr variabel. Im Vordergrund stehen Veränderung der Bewusstseinslage. Möglich sind euphorische und schizoide Erregungszustände aber auch Bewusstlosigkeit bis hin zum Koma. Häufig sind juckende Paraästhesien. Der Patient hat das Gefühl, als wenn kleine Tiere unter der Haut laufen würden. Bei höheren Dosen kommt es zu Unruhezuständen, Zittern, Mydriasis. Der Intoxikationsverlauf ist dreiphasig:

Anfangs kommt es zu einer zentralen Stimulation mit Kopfschmerzen, Übelkeit und krampfartigen Bewegungen. Körpertemperatur, Pulsfrequenz, Blutdruck und Atmung werden gesteigert. Durch die kardiale Wirkung des Kokains können lebensbedrohliche Rhythmusstörungen sowie Angina Pectoris-Anfälle bis hin zum Herzinfarkt ausgelöst werden. Die Symptome sind denen einer Amphetaminüberdosierung ähnlich, die Dauer bei der Kokainvergiftung ist jedoch kürzer.

Bei hohen Dosen tritt Bewusstlosigkeit bzw. Koma ein. Die Reflexe sind gesteigert und die Krampfbereitschaft erhöht. Die Atmung ist flach und unregelmäßig, Pulsfrequenz und Blutdruck sind stark erhöht. Die Körpertemperatur kann bis auf 42°C gesteigert sein. Kardiogener Schock und Kreislauf sind möglich.

Bei der schwersten Form der Vergiftung kann sich ein tiefes Koma mit lichtstarren Pupillen ausbilden, der Tod kann durch ein zentrales Atem- und Kreislaufversagen eintreten.

Typisch für die Kokainintoxikation ist die kurze Verlaufsform. Der Zustand der Bewusstlosigkeit dauert selten länger als 1-2 Stunden.

Die Hauptgefahr besteht in Atemlähmung, anaphylaktischem Schock und Herzversagen.

Therapie: Beim Kokainschock setzt man Katecholamine und Kortikoide ein, die benetzten Schleimhäute werden gründlich gereinigt. Da diese Vergiftungsart häufig beim (Zahn) Arzt auftritt, kann frühzeitig mit einer effizienten Therapie begonnen werden.

Präklinisch: Bei der akuten Vergiftung kommt der initialen Therapie eine besondere Bedeutung zu. Wegen der kurzen Halbwertzeit des Kokains ist die Erstversorgung entscheidend für den Ausgang der Behandlung und das Ausbleiben von Spätschäden. Die Therapie läuft symptomatisch ab:

  • Überwachung der Vitalfunktionen
  • Vermeidung hypoxischer Komplikationen
  • Sedierung und Krampfunterdrückung mit Benzodiazepinen
  • Azidoseausgleich mit Natriumbicarbonat
  • Normalisierung der evtl. vorliegenden Hypoglykämie
  • Bekämpfung der Tachykardie mit ß-Blockern, wie Esmolol (Brevibloc®)
  • Bekämpfung der Myokardischämie mit Nitroglycerin, sublingual
  • Behandlung des kardiogenen Schocks mit Katecholaminen (Dopamin, Dobutamin)
  • Senkung des stark erhöhten Blutdruckes mit Nifedipin oder Phentolamin.

Klinisch: Zum Teil kann ein krisenhafter Blutdruckanstieg auftreten, der durch ß-Blocker und Calciumantagonisten nicht adäquat therapierbar ist. Der Grund hierfür ist die Anregung der Alpharezeptoren durch Kokain. Versuchsweise kann deshalb der ß-Blocker mit einem Alphablocker kombiniert verabreicht werden (z. B. Phentolamin, Regitin® nicht in Deutschland zugelassen). Die Gabe von ß-Blockern wird seit kurzem kritisch betrachtet. Studien zeigen, dass sie die Wirkung von Cocain auf die Koronarien weiter erhöht. Kommt ein ß-Blocker zum Einsatz, solle ein Präparat mit einer kurzen Halbwertzeit gewählt werden, z. B. Esmolol (Brevibloc®, HWZ: 9 min).

Um die stenocardialen Schmerzen infolge Vasokonstriktion zu therapieren, hat sich ebenfalls Nitroglycerin Spray als wirkungsvoll erwiesen.

Wird die Initialphase der Intoxikation überlebt, ist wegen der kurzen Halbwertzeit von Kokain die Prognose günstig. In der anschließenden depressiven Phase ist mit erhöhter Suizidalität zu rechnen und der Patient entsprechend psychologisch zu betreuen.

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Stand: 08. Dezember 2007

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