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Hauterkrankung nach peroraler Zuführung von Rhus toxicodendron L.

Aus dem Institut für Pharmakologie und experimentelle Therapie der Universität Breslau. Direktor: Prof. Dr. O. Eichler)

Von Hubert Vollmer.

Vorgeschichte: Einer Frau mit einem infolge Küchenarbeit schlecht heilenden Geschwür zwischen zwei Fingern  wurde vom Arzt Rhus toxicodendron D 6 zum Einnehmen verschrieben. Der Apotheker soll statt Rhus toxicodendron D 6 das Präparat D 4 verabfolgt haben. Nachdem die Frau das Mittel einige Tage eingenommen hatte, traten am Kopf, am Hals und an den Armen Rötung, Pusteln und Bläschen auf. Dieser Zustand hielt wochenlang an und bedingte weitgehende Arbeitsunfähigkeit. Im Rechtsstreit der Kranken gegen den Apotheker auf Erstattung der Unkosten und Schmerzensgeld wurde das folgende Gutachten über die Möglichkeit einer Hauterkrankung durch Rhus toxicodendron nach Aufnahme per os und die möglichen Folgen einer Verwechslung von D 4 und D 6 abgegeben. (Es sei erwähnt, dass der Apotheker gestützt auf homöopathische Literatur behauptete, Das Präparat D 4 müsse schwächer wirken als das Präparat D 6.)

Gutachten (auszugsweise): Es handelt sich um das Medikament Rhus tox. D 4, d.h. eine homöopathische Zubereitung aus den Blättern des Giftefeus oder Giftsumachs, Rhus toxicodendron L., in der sich das Ausgangsmaterial in der Konzentration 1:10.000 befindet. Der Giftsumach gehört hinsichtlich seiner wichtigsten Wirkung zu den hautreizenden Pflanzen. Die Berührung derselben ruft bei sehr vielen Menschen Rötung der Haut und Bildung von Blasen und Pusteln hervor. Versuche haben gezeigt, dass man bei Aufbringung der wirksamen Anteile der Pflanze auf besonders empfindliche Hautstellen bei allen Menschen solche Ausschläge erzeugen kann. Eine aus der Pflanze gewonnene wirksame Substanz erzeugt bereits in Mengen von Hunderttausendstel Gramm auf die Haut gebracht Bläschen, In der nichthomöopathischen Medizin spielt Rhus toxicodendron keine Rolle. Die homöopathische Literatur zeigt, dass diese Pflanze von den Homöopathen viel und bei verschiedenen Krankheitszuständen angewendet wird. Dabei wird die Zubereitung D 4 sehr viel verwendet.

Für die Entscheidung der Frage, ob das Medikament Rhus tox. D 4 bzw. D 6 zu charakteristischen Hauterscheinungen führen kann, ist die Feststellung wichtig, dass die Empfindlichkeit verschiedener Personen gegen die Pflanze außerordentlich verschieden ist. Über die Entstehung von Hauterkrankungen nach der innerlichen Aufnahme von Zubereitungen der Pflanze liegen nur wenige Berichte vor. Lewin (Gifte und Vergiftungen; 1929, S. 685) gibt an, dass nach dem innerlichen Gebrauch normaler Dosen der Tinktur Ausschläge auftreten können. Hierbei handelt es sich um eine ziemlich große Mengen enthaltende nichthomöopathische Zubereitung. Auch in der homöopathischen Literatur liegen Berichte über Hauterkrankungen nach der innerlichen Anwendung homöopathischer Zubereitungen des Giftsumachs vor. So berichtet Rall aus der Homöopathischen Universitäts-Poliklinik Berlin, in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung Band 180, S. 76; 1932, dass bei einer Frau, die gegen Erkrankung eines Schultergelenkes Rhus toxicodendron D 6 in Tablettenform eingenommen hatte, nach einigen Tagen verbreitete Hauterscheinungen aufgetreten waren. Rall gibt an, dass ähnliche Vorkommnisse auch von anderer Seite wiederholt beobachtet wurden.

Es muss demnach als durchaus möglich bezeichnet werden, dass innerliche Gaben homöopathischer Zubereitungen des Giftsumachs zum Auftreten von Hautausschlägen führen können.

Bei der Klägerin ist während der Behandlung mit dem Medikament ein Ausschlag im Gesicht, am Hals und an den Armen aufgetreten. Da die Haut an diesen Stellen vorher nicht erkrankt war, ist der Zustand als ein neues Krankheitsbild aufzufassen. Das spricht dafür, dass der Ausschlag eine Wirkung des Medikaments ist. Dafür spricht fernerhin die für die Hauterscheinungen durch Rhus toxicodendron charakteristische Lokalisation und das ebenfalls kennzeichnende Auftreten der Erscheinungen erst nach einigen Tagen. Die Hauterkrankung beruht somit ziemlich sicher auf einer Wirkung des Medikaments.

Es muss darauf hingewiesen werden, dass bei dem verbreiteten Gebrauch von Rhus tox. in der Homöopathie die Zahl der vorliegenden Berichte über das Auftreten von Hauterscheinungen sehr gering ist. Das lässt darauf schließen, dass ein derartiges Vorkommnis selten ist und auf einer Überempfindlichkeit der betreffenden Frau gegen Rhus toxicodendron beruht.

Es ist möglich, aber nicht sicher, dass die anscheinend gegen Rhus toxicodendron ganz besonders empfindliche Kranke einen Hautausschlage ebenso nach Rhus tox. D 6 wie nach dem 100mal mehr von der Pflanze enthaltenden Rhus tox. D 4 bekommen würde. Den behandelnden Arzt trifft keine Schuld, denn derartige selten vorkommende Überempfindlichkeiten sind nicht vorauszusehen. Sollte, was vom Beklagten bestritten wird, tatsächlich das vom Arzt nicht verordnete Rhus tox. D 4 verabfolgt worden sein, so ist der Hautausschlag der Klägerin mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Einnahme des stärkeren Medikamentes zurückzuführen.

Anschrift des Verfassers: Doz. H. Vollmer, Breslau 16, Auenstr. 2, Pharmakologisches Institut.

Quelle: Vollmer, H.: Hauterkrankung nach peroraler Zuführung  von Rhus toxicodendron L., Sammlung Vergiftungsfälle, Band 7, B 68, S. 21 - 22, 1936.

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Stand: 31. Oktober 2007

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