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VX
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VX

Weitere Namen: Methylphosphonothioic acid, S-(2-(bis(1-methylethyl)amino) ethyl) O-ethyl ester, O-ethyl S-diisoprpylaminomethyl methylphosphonothiolate

CAS-Nr.: 50782-69-9

Molekularformel: C11H26NO2PS

Molekulargewicht: 267,37

Physikalische Eigenschaften: VX ist ein Phosphorsäureester und gehört damit zu der großen Gruppe der Pflanzenschutzmittel. Es lässt sich gut in Wasser lösen. Im Sonnenlicht und bei Temperaturen unter 49°C zerfällt der Stoff nicht. Die V-Kampfstoffe bestehen aus phosphorylierten Cholin- und Thiocholinverbindungen.

Schmelzpunkt: < -51°C
Siedepunkt: 298°C
Wasserlöslichkeit: Fast beliebig löslich unter 9,4°C Wassertemperatur
Sättigungskonzentration (20°C): 10-4 - 10-3 g l-1

Allgemeines: Nervenkampfstoffe können in Produktionsanlagen für Pflanzenschutzmittel leicht durch kleine Änderungen der Stoffe hergestellt werden. Diese Stoffe der Phosphorylthiocholin-Gruppe wurden unabhängig voneinander 1950 in Schweden von Lars-Erik Tammelin vom Schwedischen Forschungsinstitut des Verteidigungsministeriums und von Ranaji Goshem in den USA vom Imperial Chemical Industries Limited entdeckt. Die U.S. Army begann im Edgewood Arsenal (Maryland) im Anschluss die systematische Erforschung.

1955 wurde mit Amiton der erste V-Kampfstoff entwickelt. Dieser stellte sich aber als nicht sehr toxisch heraus. Die weiteren Stoffe aus den Forschungen waren Alkoxyalkylphosphorylthiocholine Aus dieser Gruppe stammt auch der bekannteste Kampfstoff, das VX-Gas. In dieser Stoffgruppe sind noch gefährlichere Kampfstoffe zu finden. Eines davon ist das EA2192, auch ein phosphororganisches Neurotoxin, hat fast die gleiche Toxizität wie das VX, zerfällt aber um den Faktor 1000 langsamer. Wahrscheinlich sind heute noch toxischer Gase entdeckt worden. Insgesamt sind die Kampfstoffe aus der VX-Gruppe sehr viel giftiger als Sarin, Soman und Tabun.

Aufnahme: Eine Aufnahme des Stoffes ist über die intakte Haut, die Atmungsorgane und die Augen möglich. Diese Stoffe eignen sich durch ihre chemische Struktur für ein sehr leichtes Eindringen über die Haut in den Organismus. Falls gleichzeitig bestimmte Lösungsmittel, z.B. Dimethylsulfoxid, eingesetzt werden, findet eine starke Steigerung der Hautresorption statt. Nur ein Ganzkörperschutz verhindert sicher eine Aufnahme des Stoffes.

Anwendungen: VX wurde nie im Krieg eingesetzt.

Diagnostik: Es existieren spezielle Prüfröhrchen für VX. Auch die ABC-Spürpanzer der Bundeswehr und die ABC-Erkundungsfahrzeuge der Landkreise könnten die Substanz aufspüren.

Pathophysiologie: VX blockiert die Acetylcholinesterase. Damit wird der Abbau des Acetylcholins verhindert und es kommt zu einer Dauererregung. Man spricht auch von einer endogenen Acetylcholinintoxikation. Acetylcholin wirkt als Transmittersubstanz an den postganglionären Fasern des Parasympathikus, Nerven der Schweißdrüsen des Sympathikus, an der motorischen Endplatte der Muskulatur und an allen Synapsen des vegetativen Nervensystems.

10 mg VX auf der ungeschützten menschlichen Haut sind die tödliche Dosis. Bei Sarin sind es mindestens 1,7 g.

Symptome: Bei leichten Vergiftungen kommt es zu Kopfschmerzen, Atemnot mit einem Druckgefühl in der Brust, starken Schweißausbrüchen, Miosis, starken Sehstörungen mit Augenschmerzen und einer erheblichen Verstärkung der Sekretion des Nasensekretes, der Tränenflüssigkeit und des Speichels.

Eine mittelschwere Vergiftung ist durch starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Augenschmerzen und Bewusstseinsstörungen mit Krämpfen zu erkennen.

Bei schweren Vergiftungen zittert der Patient stark. Es kommt zu Krämpfen der Skelettmuskulatur bis hin zum generalisierten Krampfanfall, Erbrechen, starker Atemnot, Bewusstseinsstörungen jeder Art, Angstzuständen und Verwirrtheit. Stuhl und Harn kann unkontrolliert abgehen. Der Tod tritt durch eine Atemlähmung ein.

LD50 LCT50: ICT50:
Durch die Haut*: 0,025 - 0,2 mg/kg KG

Durch die Haut*: 0,026 - 0,13 mg/kg KG

Durch die Haut*: 0,2 mg/kg KG

Über die Lunge: 0,01 mg x min/l Über die Lunge: 0,025 mg x min/l
Durch offene Wunden: 0,004 mg/kg KG Durch die Haut: 1 mg x min/l Über die Haut: 0,005 mg x min/l
Über den Magen: 0,06 mg/kg KG    

* = unterschiedliche Quellen

Schwellendosis: ca. 0,00025 mg/l Luft

Die Latenzzeit ist abhängig vom Aufnahmeweg. Bei einer Aufnahme über die Atmung beträgt sie nur einige wenige Minuten. Bei einer Aufnahme über die Haut kann eine Latenzzeit bis zu 30 Minuten erreicht werden. Wenn eine letale Menge aufgenommen wird, tritt der Tod in kurzer Zeit (wenige Minuten) ein.

Maßnahmen: Die Rettung aus dem Gefahrenbereich steht an erster Stelle. Teilweise kann es erforderlich sein die Rettung durch die Feuerwehr mit einem umluftunabhängigen Atemschutzgerät durchführen zu lassen. Die Sicherstellung der vitalen Funktionen ist oberstes Ziel der präklinischen Therapie. Bei oraler Aufnahme ist die Applikation von medizinischer Kohle als Suspension in der Dosierung von 1 g / kg KG als erstes durchzuführen. Falls der Giftstoff über die Haut oder die Kleidung aufgenommen wurde, ist die Kleidung zu entfernen und die Haut reichlich mit Polethylenglykol 400 und anschließend unter fließenden Wasser mit Seife abzuspülen. In dem Fall, dass Wirkstoffspritzer in das Auge gelangen, ist dies mit geeigneten Lösungen, z.B. Isogutt®, gründlich zu spülen. Bei all diesen Tätigkeiten ist streng auf den Selbstschutz zu achten ! Die Atemwege müssen durch kontinuierliches Absaugen, besser aber durch die endotracheale Intubation, freigehalten werden. Die Intubation stellt die bessere und sichere Alternative dar. Zusätzlich ist eine kontrollierte Beatmung mit Sauerstoff indiziert. Der Einsatz von einem spezifischen Antidot ist in der präklinischen Phase indiziert. Die präklinischen Maßnahmen sind entscheidend für den Ausgang der Vergiftung. Antidotgabe: Als spezifisches Antidot wird Atropin präklinisch eingesetzt. Dosierung: Die Angaben über die Dosierung von Atropin schwanken. Initial sollte mit mindestens 2 mg Atropin i.v. begonnen werden. Die Dosierung richtet sich nach dem Abklingen der Sekretion von Nasenflüssigkeit und Mundspeichel, der Bronchialsekretion und dem Bronchospasmus. Die Soldaten der NATO sind bei gefährdeten Einsätzen mit einem selber in den Oberschenkel zu injizierenden Antidot, ausgerüstet. Dieses Antidot enthält 2 mg Atropin und 220 mg des Medikamentes Obidoximchlorid und ist für einen gesunden Erwachsenen völlig unbedenklich.

Prognose: Die Prognose bei Intoxikationen mit Phosphorsäureestern ist sehr ernst. Auch nach der überstandenen Vergiftungen kann der Tod durch eine Nichtbeherrschung der Sekundärkomplikationen eintreten. Nach überstandenen Vergiftungen ist strenges Augenmerk auf die Leber- und Nierenparameter zu richten. Funktionsschäden des Nervensystems sind nicht ausgeschlossen.

Dekontamination: Eine Dekontamination ist mit Alkalilaugen (z.B. NaOH), Alkoholaten (z.B. Na2CO3), Hypochloriten und Peroxiden (z.B. H2O2, Na2O2) möglich. VX ist kaum flüchtig. Bei leichter Sonne und Temperaturen um 15°C kann das betroffene Gebiet bis zu 21 Tagen kontaminiert sein. Bei Regen, Wind und Temperaturen von 10°C ist eine Kontamination nur zwölf Stunden lang. Die Stoffe sind sehr stabil und hydrolysieren nur langsam.

[DFP] [Sarin] [Soman] [T-2-Toxine] [Tabun] [VX]

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Stand: 21. Oktober 2007